Pandemie-Politik (03.05.2020)

Es sind einige Wochen vergangen, die Pandemie zieht weiter um die Welt. Einige Staaten scheinen inzwischen das Gröbste hinter sich zu haben, anderen steht das Schlimmste noch bevor.

Dennoch wird auf vielen Gebieten inzwischen mit diesem Thema Politik gemacht – national wie international.

International versucht vor allem China, aus der Krise politischen Profit zu ziehen. Durch großzügige Hilfslieferungen von medizinischen Gütern an besonders hart betroffene Länder versucht das kommunistische Regime in Peking, vor allem in Europa Punkte zu sammeln. So lobenswert die Hilfen auch sind, dient es doch dem offensichtlichen Zweck, hier bei den belieferten Ländern, allen voran Italien, politischen Kredit aufzubauen. Dabei sollte man nicht vergessen, wo die Pandemie überhaupt ihren Anfang genommen hat… Und überhaupt sollte man sich bei einer Diktatur wie China immer fragen, inwieweit die offziell veröffentlichen Zahlen zu den Corona-Thematiken korrekt sind… Leider hat die EU auch in dieser Krise mal wieder gezeigt, dass der Solidaritätsgedanke oft eher schwach ausgeprägt ist (damit meine ich nicht die Euro- oder Corona-Bonds, die ich ablehne). Im Zweifel  macht jedes Land, wie es das für richtig hält, und das ist auch notwendig gewesen, da die EU, wie ich finde, ziemlich schwerfällig reagiert hat. Vor allem Italien hat lange auf Hilfe warten müssen…

Umgekehrt versucht der allseits beliebte US-Präsident, vom eigenen Versagen abzulenken und permanent Verschwörungstheorien mit China-Bezug in der Öffentlichkeit salonfähig zu machen. Deutlich wurden jetzt die Schwächen des US-amerikanischen Systems aufgezeigt, offenbar unzählige prekäre Beschäftigungsverhältnisse, fast kein Sozialstaat, unterentwickeltes Gesundheitssystem. Die Folgen: 30 Millionen Extra-Arbeitslose sowie vermutlich deutlich über 100.000 Corona-Opfer… eben das Land der begrenzten Möglichkeiten.

Russland hingegen scheint mit geschönten Zahlen zu arbeiten, denn hier gibt es schon relativ viele Infizierte, aber erstaunlich wenige Todesfälle – man hatte bislang gar nicht so den Eindruck, dass das russische Gesundheitssystem anscheinend sogar besser funktioniert als das deutsche…

Brasilien mit seinem Trump-Klon als Präsidenten wird in den nächsten Wochen wohl ähnliche Probleme wie die USA bekommen, auch dort steigen die Fallzahlen drastisch an.

In Deutschland entbrennt inzwischen die Debatte, ob und wann die diversen Einschränkungen des Alltags wieder aufgehoben werden können. Aktuell gibt es nach offiziellen Zahlen ca. 29.000 noch „aktiv“ Infizierte, eine recht überschaubare Zahl bei ca. 82 Millionen Einwohnern unseres Landes, wie ich finde. Statistisch gesehen ist die „Gefahr“, einem Infizierten zu begegnen, inzwischen sehr gering, und die Maskenpflicht wird das ihrige tun, um zu verhindern, dass einem eine infizierte Person ins Gesicht hustet. Zumindest wird die Maskenpflicht von fast allen befolgt, soweit ich das beobachten konnte, sogar, wenn man sich nicht in einem Geschäft etc. befindet, wird die Maske von vielen getragen.

Fast alle Staaten haben durch die Pandemie schwere wirtschaftliche Einbrüche zu verkraften – Deutschland natürlich auch. Viele fragen, ob es das wert war. Ich denke, das war es, allerdings sollte man mit der Aufhebung der Beschränkungen nicht zu lange warten. Schließlich müssen die enormen Kosten für den Shutdown auch wieder refinanziert werden, die Schulden Deutschlands werden sowieso schon hierdurch drastisch anwachsen, mehr Arbeitslose sind zu erwarten, ebenso wie viele Firmeninsolvenzen. Alles Dinge, die mich nicht gerade ruhiger schlafen lassen, selbst, wenn mein Arbeitsplatz zum Glück in einer nicht so stark betroffenen Branche angesiedelt ist.

Viele Personen des öffentlichen Lebens und auch die Medien versuchen, jetzt angesichts des derzeitigen Abflauens der Krise, wieder ihr Lieblingsthema, den Klimaschutz, der ja vor Corona die Debatten ähnlich stark dominiert hatte, wie dann die Pandemie, wieder aufleben zu lassen. Dabei kommt es dann manchmal zu seltsamen Quervergleichen, wie z. B. heute vom Entwicklungsminister Gerd Müller: „Ein Auslöser der Pandemie liegt auch am Raubbau an der Natur, in der Rodung der Regenwälder.“ Äh, wirklich? Dieser Zusammenhang war mir neu. Ich hatte die Pandemie mehr auf Dinge wie „Globalisierung und dadurch starke Reisetätigkeit zwischen vielen Ländern“ zurückgeführt… aber was weiß ich schon. Ingesamt wirken die Bundeskanzlerin und die Bundesregierung derzeit insgesamt etwas übervorsichtig, man will bloß keine Schuld auf sich laden, wenn es am Ende bei zu schneller Lockerung dann zu mehr Infizierten und in der Folge dann zu mehr Opfern kommen sollte. Aber man kann das Risiko nicht auf Null drücken… Auch der Föderalismus offenbart Schwächen, gerade bei Öffnungen von Geschäften und Schulen/KiTas würde man sich eine einheitliche Marschroute wünschen. Dazwischen mischen dann auch immer mal wieder die Gerichte mit, die hier auch mit teilweise widersprüchlichen Urteilen „glänzen“.

Nochmal zum Klima: Klimaschutz muss man sich leisten können, deswegen wurde dieser bislang ja auch, wenn überhaupt, mehr von reicheren Staaten angepackt. Ärmere Länder hatten und haben andere Sorgen, als dass sie sich um dieses Thema prioritär hätten kümmern wollen und auch können. Ich denke, dass sich durch die Corona-Krise auch in Deutschland jetzt die Prioritäten verschieben werden. Deutlich hat sich jedenfalls für mich gezeigt, dass die Grünen außer dem Thema „Klima“ absolut rein gar nichts zur politischen Debatte dieses Landes beitragen können. Naja, wenn, wie vor der Krise, 20 % der deutschen Wähler meinen, hiermit ihr grünes Gewissen erleichtern zu können… ich hatte Ideologie schon immer als den falschen Grundsatz für eine gute und realistische Politik angesehen…

Nun, auch mir sei die Verquickung dieser beiden Themen zugestanden… außerdem muss ich  ja auch mal dem grünen Parteiorgan, namentlich der ZEIT und ZEIT-Online, auch mal wieder entgegen arbeiten.

Die Welt wird nach der Corona-Krise jedenfalls eine andere sein – vielleicht wäre es doch mal wieder Zeit, über einen internationalen Schuldenerlass zu sprechen? Immer schneller, höher, weiter bei den Schulden, das kann doch keine Lösung sein? Steuersenkungen in Deutschland kann man wohl die nächsten Jahre definitiv vergessen, eher mit einer „Corona-Steuer“, die dann den „Soli“ ablösen wird.

Gut fand ich übrigens den stillen Konsens zwischen allen Staaten, dass die Risikogruppen nicht weggesperrt wurden, sondern dass man Solidarität zwischen den Bevölkerungsteilen gezeigt hat. Das macht Hoffnung!

Verschuldet bis in Ewigkeit… (11.04.2015)

…nein, es geht heute ausnahmsweise nicht um Griechenland. Heute schaue ich einmal vor die eigene Tür und betrachte die Schuldensituation des Bundes, der Länder und der Gemeinden.

Vor kurzem hat es die Bundesregierung stolz verkündet, der Bund macht zurzeit keine neuen Schulden mehr („Schwarze Null“). Es konnte sogar 2014 ein kleiner Überschuss erwirtschaftet werden (nachzulesen hier, PDF des Bundesfinanzministeriums). Dennoch trägt Deutschland nach wie vor einen riesigen Berg an Staatsverschuldung mit sich herum. Alleine auf Bundesebene sind dies (Stand 2013) noch ca. 1,28 Billionen Euro. Die Länder haben hier noch Schulden in Höhe von ca. 629 Milliarden Euro beizusteuern, bei den Gemeinden sind es insgesamt ca. 133 Milliarden Euro (s. hier). Nach den aktuellen Berechnungen des Bundes der Steuerzahler beträgt die Gesamtschuld der genannten Ebenen ca. 2,049 Billionen Euro und wächst mit ca. 173 Euro pro Sekunde (s. Schuldenuhr).

Für die Zinsen für diese Schulden musste alleine der Bund im Jahr 2014 ca. 28,6 Milliarden Euro aufwenden, was ca. 9,6 % Anteil an den Gesamtausgaben entsprach (s. hier). Zum Vergleich: Das Ministerium für Forschung und Entwicklung erhielt im gleichen Jahr nur ca. 14,1 Milliarden Euro (Anteil Gesamthaushalt: ca. 4,7 %).

Für die nächsten Jahre (bis 2019) strebt die Bundesregierung weiterhin einen ausgeglichenen Haushalt an. Von Schuldenabbau der Altschulden ist nicht die Rede. Die Gemeinden sollen ab 2017 zwar finanziell entlastet bzw. unterstützt werden (s. PDF des Bundesfinanzministeriums mit dem Gesetzesentwurf), aber die hohen Sozialausgaben bleiben diesen erhalten. Schon heute ist die kommunale Infrastruktur in einem desolaten Zustand.

Kurz mal ein Blick in den Haushalt meiner Heimatstadt Herten:

  • Einnahmen 2014: 155 Millionen
  • Ausgaben 2014: 166 Millionen
  • Neuverschuldung: 11 Millionen
  • Zinsausgaben für die Schulden jedes Jahr: ca. 12 Millionen Euro
  • Schuldenstand 31.12.2013: ca. 404 Millionen Euro

Die Schuldenstände aller Kommunen NRWs sind als PDF von IT.NRW (ehemals Statistisches Landesamt) hier zu finden.

Daraus folgt: Deutschland hat nach wie vor eine hohe Verschuldung, der Bund hat zwar inzwischen einen ausgeglichenen Haushalt erreicht, auch viele Bundesländer sind raus aus den Miesen, den Kommunen geht es vielerorts in Deutschland aber nach wie vor schlecht. Schuldenabbau ist auf Bundesebene nicht prioritär vorgesehen, eher weiter steigende Ausgaben. Würde Deutschland auf Bundesebene jedes Jahr „nur“ 10 Milliarden zurückzahlen, wären die Altschulden in 130 Jahren abbezahlt. Aber danach sieht es ja leider nicht aus. In dem anfangs genannten Eckwertebeschlusspapier des Bundesfinanzministeriums sind keine Ausgabenkürzungen benannt. Interessant ist, dass die Ausgaben für Investitionen auf Bundesebene bis 2019 ungefähr konstant bleiben sollen (30 bis max. 31,9 Milliarden).

Schaut man sich die Seite 19 des PDFs an, werden dort die geplanten Veränderungen bei den Ausgaben zwischen 2015 und 2016 genannt. Minuszeichen entdeckt man dort fast nirgends. In absoluten Zahlen besonders stark sollen die Ausgaben in folgenden Bereichen steigen: Arbeit und Soziales (+ 2,7 Milliarden Euro), Gesundheit (+ 2,5 Milliarden Euro) und Verkehr & digitale Infrastruktur (+ 1,4 Milliarden Euro). Die Ausgaben für Zinszahlungen für die Bundesschuld sollen von ca. 26,1 Milliarden auf ca. 25 Milliarden sinken. Man stelle sich vor, der Bund hätte keine Schulden und man könnte dieses Geld an anderer Stelle sinnvoll verwenden…

Insgesamt stellt sich Deutschland also nicht als der finanzielle Musterknabe dar, als es seitens der Bundesregierung oft gerne dargestellt wird. Größere Ausgabeschwerpunkte, wie die nicht mehr aufschiebbare Erneuerung der Infrastruktur, sowie die sich abzeichnenden Mehrausgaben durch den demographischen Wandel, harren weiterhin der Lösung einer durchdachten Finanzierung. Große Koalition, ich warte auf Antworten!