Heimliche Steuererhöhung: Die „kalte Progression“ (06.03.2015)

Immer wieder wurde in den letzten Monaten und Jahren über eine heimliche und gar nicht mal so kleine Einnahmequelle des deutschen Staates berichtet, die sogenannte „kalte Progression“.

Zunächst: Was ist hierunter zu verstehen? Wie vielleicht die meisten wissen, existiert in Deutschland ein progressiver Einkommenssteuersatz. Dies bedeutet also, je mehr Einkommen ich habe, desto höher wird der Anteil der zu entrichtenden Steuern. Die Erklärung der „kalten Progression“ ist nicht ganz so einfach. Vielfach werden in der Wissenschaft zunächst die Begriffe „Nominaleinkommen“ und „Realeinkommen“ definiert.

Nominaleinkommen sind das in Geld bewertete Einkommen ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Kaufkraft

Realeinkommen entspricht den Waren und Dienstleistungen, die man auf Grund der aktuellen Preise auch tatsächlich erwerben kann (s. hier).

Bekommt man nun eine Gehaltserhöhung, wandert man im Steuerdiagramm ein Stück weit die Kurve hinauf, zahlt also für das als absolute Zahl gesehene Einkommen höhere Steuern. Falls diese Erhöhung nur in Höhe der aktuellen Inflationsrate erfolgt, sinkt durch die gleichzeitig höhere Besteuerung folglich mein Nominaleinkommen, also das Geld, das ich im Verhältnis zum aktuellen Preisniveau tatsächlich ausgeben könnte.

Theoretisch müsste man also die prozentuale Besteuerung stets an die veränderten Einkommensniveaus anpassen, z. B., in dem man den Freibetrag erhöht und den restlichen Steuertarif auf Basis der absoluten Einkommenszahlen jeweils ein Stück „nach oben“ verschiebt, sodass der reale Steuersatz nicht ansteigt. Hierzu hat der „Bund der Steuerzahler“ eine gute Studie veröffentlicht (das PDF lässt sich hier finden).

Hier werden auch die gegenwärtigen sowie die zukünftigen Belastungen für die Steuerzahler dargestellt. Es handelt sich um Beträge um Milliardenhöhe, die z. B. im Jahr 2015 auf 12,2 Milliarden Euro extra für den Bund taxiert werden. Tendenz steigend für die Folgejahre, sollte die Bundesregierung nicht gegensteuern.

Der deutsche Staat ist wie ein Junkie, der süchtig nach Geld ist, und gleichzeitig nicht in der Lage ist, die immer größer werdenden Einnahmen sinnvoll zu investieren oder für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Andere Beispiele hatte ich im Blog hier schon genannt (z. B. Geld in die Infrastruktur statt in die Rente zu stecken – oder es nach Griechenland zu schicken).

Schließlich würden durch einen Abbau der kalten Progression vor allem kleine und mittlere Einkommen entlastet werden. So denkt die Politik aber nicht. Sie sieht vor allem die unauffälligen, bequem steigenden Mehreinnahmen, die dem dummen Bürger dann nicht sofort ins Auge springen. Schade nur, dass die Abschläge allmählich doch langsam wahrnehmbar werden. Naja, aber Bundeskanzlerin Merkel ist ja der Ansicht, damit eile es ja nicht so. In einigen Jahren könne man darüber nachdenken. Vielleicht. Falls der Staat gerade Geld übrig hat (s. hier).

Achja, über den „Solidaritätszuschlag“ spreche ich dann beim nächsten Mal… auch so eine Droge, die sich unser Staat nur höchst ungern wegnehmen lassen würde.

Qualitätsmanagement der deutschen Politik (22.02.2015)

Heute geht es mir ausnahmsweise nicht um das griechische Drama, denn schließlich sind wir auch hier in Deutschland in der Lage, mit Geld nicht umzugehen. Dies gilt natürlich für unsere hoch kompetenten Staatslenker. Egal, auf welcher politischen Ebene wir uns bewegen (Bund, Land oder Gemeinde), man wird immer über Beispiele stolpern, innerhalb derer Steuergelder verplempert oder ineffizient eingesetzt wurden und werden.

Ein besonders eklatantes Beispiel hierfür ist der neue Berliner Hauptstadtflughafen. Geplant war die Eröffnung für das Jahr 2008, Baubeginn war im Jahr 2004. Die geplanten Kosten waren im Jahr 2006 noch mit 2 Milliarden Euro angesetzt und stiegen und stiegen seitdem wie ein Flugzeug über die Wolken (s. hier). Inzwischen sind die Kosten jenseits der 4-Milliarden-Grenze angekommen, ohne dass ein sicherer Eröffnungstermin in Sicht (derzeit Ende 2017 anvisiert). Die ganze Chronologie kann man hier nachlesen.

Kompetent geleitet wurde das Ganze lange Zeit durch den inzwischen nicht mehr amtierenden Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit. Zum Schluss durfte der nicht weniger kompetente ehemalige Bahnmanager Mehdorn weitere Milliarden versenken, ohne dass das alles irgendwelche Konsequenzen gezeitigt hätte. Seltsamerweise, und das verstehe ich bis heute nicht, gab und gibt es in der Öffentlichkeit kaum Proteste auf dieses total vermurkste Projekt.

Sind die Bürger an die Inkompetenz der Politiker bei der Leitung solcher Projekte bereits gewöhnt? Denkt die Bevölkerung, dass Proteste sowieso nichts bringen? Wenn niemand etwas sagt, wird sich auch nichts ändern. Mich ärgert am meisten dabei, dass diejenigen, die dieses Milliardengrab verschuldet haben, dafür nie zur Rechenschaft gezogen werden, vielleicht auch, weil es keinen Strafbestand für „kriminelle Inkompetenz“ gibt. Inzwischen werden auf der ganzen Welt Witze über die unendliche Geschichte Deutschlands teuerster Bauruine gerissen („Niemand hat die Absicht, einen Flughafen zu bauen!“). Fortsetzung folgt hierzu – mit Sicherheit.

Als zweitbekanntestes Beispiel kann man einen Blick nach Hamburg zur Elbphilharmonie werfen. Ursprünglich waren die Kosten mit 77 Millionen Euro veranschlagt, inzwischen ist man bei mindestens 789 (!) Millionen Euro angekommen. Ehemals geplant war die Fertigstellung für 2010 geplant, Baubeginn war 2007. Inzwischen ist der Termin auf 2016 (!) verschoben worden (nachzulesen hier).

Fazit: Sicherlich sind die genannten Beispiele Extremfälle. Dennoch ist klar, dass diese beiden Projekte stümperhaft geplant und umgesetzt wurden, und seitens der beteiligten Politiker keiner ein ernsthaftes Controlling betrieben hat – es ist ja nur Steuergeld, und davon ist ja genügend da, und persönlich muss sowieso niemand für den fabrizierten Murks haften oder geradestehen! Ich bin von Beruf u. a. auch im Projektmanagement tätig. Man stelle sich vor, ich würde einem Kunden folgendes sagen: „Es tut mir sehr leid, aber das von Ihnen beauftragte Projekt wird leider erst zehn Jahre später fertig als ursprünglich gedacht, aber dafür ungefähr zehnmal so teuer.“ Würde ich wohl meinen Job behalten dürfen…?

Der, zunehmend nicht mehr zielgerichtete, Einsatz von Steuergeldern erstreckt sich natürlich nicht nur auf Bauprojekte, sondern, besonders auch auf Bundesebene, sondern auch auf andere Bereiche. Zu nennen wäre hier aktuell z. B. die Rentenpolitik. Dazu komme ich dann aber ein anderes Mal…