Politikverdrossenheit – Haben wir die Nase voll? (08.06.2015)

Politik hat in Deutschland keinen besonders guten Ruf. Politiker genießen hierzulande kein hohes Ansehen. Die Ursachen hierzu sind recht eindeutig erkennen. Ein Teil der Bevölkerung, vornehmlich der ärmere Teil, sieht sich in der Arbeit der jeweils regierenden Parteien grundsätzlich nicht mehr repräsentiert und geht daher nicht mehr Wählen. Ein anderer Teil ist enttäuscht von der Arbeit der jeweiligen Regierungsparteien. Das Ergebnis spiegelt sich in stetig sinkenden Wahlbeteiligungen wider, überwiegend bei Landtagswahlen. Auf Bundesebene gingen 2013 immerhin noch 71,5 % der Wahlberechtigten zur Urne .

Dennoch, auch hier geht fast ein Drittel der Wahlberechtigten nicht zur Wahl. Bei den Landtagswahlen 2014 in Brandenburg und Thüringen lag die Wahlbeteiligung bei um die 50 %.

Aus meiner Sicht liegt eines der Probleme darin, dass man es den Politikern nicht mehr zutraut, Politik zum „Wohle des Volkes“ zu machen. Es wirkt mehr so, als würden die Politiker sich als eine elitäre „Kaste“ verstehen, welcher der eigentliche Volkeswille ziemlich egal ist. Versprechen werden regelmäßig gebrochen (z. B. bei der PKW-Maut), politisch betreute Projekte werden in den Sand gesetzt (siehe z. B. die Probleme bei der Bundeswehr, der Berliner Hauptstadtflughafen, die Rentenpolitik, Energiewende, etc.).

Ich selbst habe bereits große Schwierigkeiten mit der Beobachtung, dass in der Welt der Politik offenbar das Leistungsprinzip außer Kraft gesetzt ist. Posten werden nicht nach Kompetenz sondern allein nach der Stellung in der jeweiligen Parteihierarchie verteilt. Das führt dann dazu, dass nicht z. B. ein Professor der Medizin Gesundheitsminister wird, sondern ein Jurist (Hermann Gröhe).

Vom Gedankenansatz her würde man sagen, dass derjenige, der sich in einem Fachgebiet besonders gut auskennt und dort schon Leistung gezeigt hat, sich so für sein Fachministeramt qualifiziert. Im „normalen“ Leben ist es ja auch nicht so, dass ein Fleischer als Zahnarzt arbeitet. Im aktuellen Bundeskabinett sieht es aber abseits vom genannten Beispiel so aus:

Ministerium für Wirtschaft und Energie: Sigmar Gabriel (Lehrer, Fächer Germanistik, Politik und Soziologie)

Auswärtiges Amt: Frank-Walter Steinmeier (Jurist)

Innenministerium: Thomas de Maizière (Jurist – ok, das passt)

Justiz und Verbraucherschutz: Heiko Maas (Jurist – meinetwegen auch in Ordnung)

Finanzministerium: Wolfgang Schäuble (Jurist)

Arbeit und Soziales: Andrea Nahles (Magister in Ältere und Neuere Germanistik)

Ernährung und Landwirtschaft: Christian Schmidt (Jurist)

Verteidigungsministerium: Ursula von der Leyen (Ärztin)

Familienministerium: Manuela Schwesig (Diplom-Finanzwirtin)

Verkehrsministerium: Alexander Dobrindt (Diplom-Soziologe)

Umweltministerium: Barbara Hendricks (Lehrerin, Geschichte und Sozialwissenschaften)

Bildungsministerium: Johanna Wanka (Diplom-Mathematikerin – passend)

Man sieht also, die fachliche Kompetenz für ein bestimmtes Ressort spielt keine größere Rolle. Besonderes Beispiel hierfür ist natürlich Frau von der Leyen, die bereits Familienministerin, Arbeitsministerin und jetzt als Verteidigungsministerin unterwegs ist.

Weitere (subjektive) Makel der Politiker sind ihr begrenzter Zeithorizont, den Blick für das große Ganze, für die sichere Zukunft des Landes. Gedacht wird nur in Wahlperioden, sodass der Eindruck einer „kurzatmigen“, auf den schnellen Wahlerfolg angelegten, Politik entsteht. Schlimm aus meiner Sicht ist auch, dass es keine großen inhaltlichen Unterschiede mehr zwischen den großen Parteien, namentlich CDU und SPD, mehr gibt. Allerdings scheinen es sich die Deutschen auch so zu wünschen, denn schließlich kann die GroKo so viel Scheiß machen, wie sie will, ohne dass sich in den Umfragen großartig etwas an den Stimmenverhältnissen ändern würde. Man könnte sagen, die Deutschen bekommen die Politiker, die sie verdienen, und mögen sie auch noch so versagen oder lügen (siehe neulich der NSA-Skandal Teil X).

Wie gesagt, die fähigsten Männer und Frauen sollten den Staat lenken, nicht diejenigen, die am geilsten auf Macht sind oder innerhalb ihrer Parteien den größten Einfluss haben. Zusätzlich existiert das Problem des Lobbyismus. In Deutschland wird so der Begriff „Korruption“ bzw. der Einfluss der Wirtschaft auf die Politik verniedlichend umschrieben. Lobbyisten haben sogar eigene Hausausweise für den Bundestag. Naja, aber Abgeordnete sind ja sowieso nur ihrem Gewissen verpflichtet, das gilt natürlich auch für jede Abstimmung im Bundestag.

Insgesamt, so lässt sich meinerseits festhalten, hat „die“ Politik und haben die Politiker in ihrem Ansehen bei mir stark gelitten. Inkompetenz, Entscheidungen werden durchgesetzt, obwohl man weiß, dass sie falsch sind, „Politik auf Sicht“ sowie Unterordnung unter den Parteizwang sowie Beeinflussung von außen durch Lobbyisten führen zu einem negativen Image – das aber offenbar vom Wähler hingenommen wird. Die Nichtwähler haben sich sowieso dazu entschieden, der Politik den Rücken zu kehren. Es besteht die Gefahr, dass dieses schlechte Image auch irgendwann zu einer Gefahr für die Demokratie als solcher führt, sei es durch die niedrige Wahlbeteiligung (Frage nach der Legitimation der jeweils gewählten Regierung) als auch durch ggf. die Bildung neuer radikaler Parteien. Dem sollte die etablierte politische Landschaft baldmöglichst Rechnung tragen…

Qualitätsmanagement der deutschen Politik (22.02.2015)

Heute geht es mir ausnahmsweise nicht um das griechische Drama, denn schließlich sind wir auch hier in Deutschland in der Lage, mit Geld nicht umzugehen. Dies gilt natürlich für unsere hoch kompetenten Staatslenker. Egal, auf welcher politischen Ebene wir uns bewegen (Bund, Land oder Gemeinde), man wird immer über Beispiele stolpern, innerhalb derer Steuergelder verplempert oder ineffizient eingesetzt wurden und werden.

Ein besonders eklatantes Beispiel hierfür ist der neue Berliner Hauptstadtflughafen. Geplant war die Eröffnung für das Jahr 2008, Baubeginn war im Jahr 2004. Die geplanten Kosten waren im Jahr 2006 noch mit 2 Milliarden Euro angesetzt und stiegen und stiegen seitdem wie ein Flugzeug über die Wolken (s. hier). Inzwischen sind die Kosten jenseits der 4-Milliarden-Grenze angekommen, ohne dass ein sicherer Eröffnungstermin in Sicht (derzeit Ende 2017 anvisiert). Die ganze Chronologie kann man hier nachlesen.

Kompetent geleitet wurde das Ganze lange Zeit durch den inzwischen nicht mehr amtierenden Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit. Zum Schluss durfte der nicht weniger kompetente ehemalige Bahnmanager Mehdorn weitere Milliarden versenken, ohne dass das alles irgendwelche Konsequenzen gezeitigt hätte. Seltsamerweise, und das verstehe ich bis heute nicht, gab und gibt es in der Öffentlichkeit kaum Proteste auf dieses total vermurkste Projekt.

Sind die Bürger an die Inkompetenz der Politiker bei der Leitung solcher Projekte bereits gewöhnt? Denkt die Bevölkerung, dass Proteste sowieso nichts bringen? Wenn niemand etwas sagt, wird sich auch nichts ändern. Mich ärgert am meisten dabei, dass diejenigen, die dieses Milliardengrab verschuldet haben, dafür nie zur Rechenschaft gezogen werden, vielleicht auch, weil es keinen Strafbestand für „kriminelle Inkompetenz“ gibt. Inzwischen werden auf der ganzen Welt Witze über die unendliche Geschichte Deutschlands teuerster Bauruine gerissen („Niemand hat die Absicht, einen Flughafen zu bauen!“). Fortsetzung folgt hierzu – mit Sicherheit.

Als zweitbekanntestes Beispiel kann man einen Blick nach Hamburg zur Elbphilharmonie werfen. Ursprünglich waren die Kosten mit 77 Millionen Euro veranschlagt, inzwischen ist man bei mindestens 789 (!) Millionen Euro angekommen. Ehemals geplant war die Fertigstellung für 2010 geplant, Baubeginn war 2007. Inzwischen ist der Termin auf 2016 (!) verschoben worden (nachzulesen hier).

Fazit: Sicherlich sind die genannten Beispiele Extremfälle. Dennoch ist klar, dass diese beiden Projekte stümperhaft geplant und umgesetzt wurden, und seitens der beteiligten Politiker keiner ein ernsthaftes Controlling betrieben hat – es ist ja nur Steuergeld, und davon ist ja genügend da, und persönlich muss sowieso niemand für den fabrizierten Murks haften oder geradestehen! Ich bin von Beruf u. a. auch im Projektmanagement tätig. Man stelle sich vor, ich würde einem Kunden folgendes sagen: „Es tut mir sehr leid, aber das von Ihnen beauftragte Projekt wird leider erst zehn Jahre später fertig als ursprünglich gedacht, aber dafür ungefähr zehnmal so teuer.“ Würde ich wohl meinen Job behalten dürfen…?

Der, zunehmend nicht mehr zielgerichtete, Einsatz von Steuergeldern erstreckt sich natürlich nicht nur auf Bauprojekte, sondern, besonders auch auf Bundesebene, sondern auch auf andere Bereiche. Zu nennen wäre hier aktuell z. B. die Rentenpolitik. Dazu komme ich dann aber ein anderes Mal…