Politik hat in Deutschland keinen besonders guten Ruf. Politiker genießen hierzulande kein hohes Ansehen. Die Ursachen hierzu sind recht eindeutig erkennen. Ein Teil der Bevölkerung, vornehmlich der ärmere Teil, sieht sich in der Arbeit der jeweils regierenden Parteien grundsätzlich nicht mehr repräsentiert und geht daher nicht mehr Wählen. Ein anderer Teil ist enttäuscht von der Arbeit der jeweiligen Regierungsparteien. Das Ergebnis spiegelt sich in stetig sinkenden Wahlbeteiligungen wider, überwiegend bei Landtagswahlen. Auf Bundesebene gingen 2013 immerhin noch 71,5 % der Wahlberechtigten zur Urne .
Dennoch, auch hier geht fast ein Drittel der Wahlberechtigten nicht zur Wahl. Bei den Landtagswahlen 2014 in Brandenburg und Thüringen lag die Wahlbeteiligung bei um die 50 %.
Aus meiner Sicht liegt eines der Probleme darin, dass man es den Politikern nicht mehr zutraut, Politik zum „Wohle des Volkes“ zu machen. Es wirkt mehr so, als würden die Politiker sich als eine elitäre „Kaste“ verstehen, welcher der eigentliche Volkeswille ziemlich egal ist. Versprechen werden regelmäßig gebrochen (z. B. bei der PKW-Maut), politisch betreute Projekte werden in den Sand gesetzt (siehe z. B. die Probleme bei der Bundeswehr, der Berliner Hauptstadtflughafen, die Rentenpolitik, Energiewende, etc.).
Ich selbst habe bereits große Schwierigkeiten mit der Beobachtung, dass in der Welt der Politik offenbar das Leistungsprinzip außer Kraft gesetzt ist. Posten werden nicht nach Kompetenz sondern allein nach der Stellung in der jeweiligen Parteihierarchie verteilt. Das führt dann dazu, dass nicht z. B. ein Professor der Medizin Gesundheitsminister wird, sondern ein Jurist (Hermann Gröhe).
Vom Gedankenansatz her würde man sagen, dass derjenige, der sich in einem Fachgebiet besonders gut auskennt und dort schon Leistung gezeigt hat, sich so für sein Fachministeramt qualifiziert. Im „normalen“ Leben ist es ja auch nicht so, dass ein Fleischer als Zahnarzt arbeitet. Im aktuellen Bundeskabinett sieht es aber abseits vom genannten Beispiel so aus:
Ministerium für Wirtschaft und Energie: Sigmar Gabriel (Lehrer, Fächer Germanistik, Politik und Soziologie)
Auswärtiges Amt: Frank-Walter Steinmeier (Jurist)
Innenministerium: Thomas de Maizière (Jurist – ok, das passt)
Justiz und Verbraucherschutz: Heiko Maas (Jurist – meinetwegen auch in Ordnung)
Finanzministerium: Wolfgang Schäuble (Jurist)
Arbeit und Soziales: Andrea Nahles (Magister in Ältere und Neuere Germanistik)
Ernährung und Landwirtschaft: Christian Schmidt (Jurist)
Verteidigungsministerium: Ursula von der Leyen (Ärztin)
Familienministerium: Manuela Schwesig (Diplom-Finanzwirtin)
Verkehrsministerium: Alexander Dobrindt (Diplom-Soziologe)
Umweltministerium: Barbara Hendricks (Lehrerin, Geschichte und Sozialwissenschaften)
Bildungsministerium: Johanna Wanka (Diplom-Mathematikerin – passend)
Man sieht also, die fachliche Kompetenz für ein bestimmtes Ressort spielt keine größere Rolle. Besonderes Beispiel hierfür ist natürlich Frau von der Leyen, die bereits Familienministerin, Arbeitsministerin und jetzt als Verteidigungsministerin unterwegs ist.
Weitere (subjektive) Makel der Politiker sind ihr begrenzter Zeithorizont, den Blick für das große Ganze, für die sichere Zukunft des Landes. Gedacht wird nur in Wahlperioden, sodass der Eindruck einer „kurzatmigen“, auf den schnellen Wahlerfolg angelegten, Politik entsteht. Schlimm aus meiner Sicht ist auch, dass es keine großen inhaltlichen Unterschiede mehr zwischen den großen Parteien, namentlich CDU und SPD, mehr gibt. Allerdings scheinen es sich die Deutschen auch so zu wünschen, denn schließlich kann die GroKo so viel Scheiß machen, wie sie will, ohne dass sich in den Umfragen großartig etwas an den Stimmenverhältnissen ändern würde. Man könnte sagen, die Deutschen bekommen die Politiker, die sie verdienen, und mögen sie auch noch so versagen oder lügen (siehe neulich der NSA-Skandal Teil X).
Wie gesagt, die fähigsten Männer und Frauen sollten den Staat lenken, nicht diejenigen, die am geilsten auf Macht sind oder innerhalb ihrer Parteien den größten Einfluss haben. Zusätzlich existiert das Problem des Lobbyismus. In Deutschland wird so der Begriff „Korruption“ bzw. der Einfluss der Wirtschaft auf die Politik verniedlichend umschrieben. Lobbyisten haben sogar eigene Hausausweise für den Bundestag. Naja, aber Abgeordnete sind ja sowieso nur ihrem Gewissen verpflichtet, das gilt natürlich auch für jede Abstimmung im Bundestag.
Insgesamt, so lässt sich meinerseits festhalten, hat „die“ Politik und haben die Politiker in ihrem Ansehen bei mir stark gelitten. Inkompetenz, Entscheidungen werden durchgesetzt, obwohl man weiß, dass sie falsch sind, „Politik auf Sicht“ sowie Unterordnung unter den Parteizwang sowie Beeinflussung von außen durch Lobbyisten führen zu einem negativen Image – das aber offenbar vom Wähler hingenommen wird. Die Nichtwähler haben sich sowieso dazu entschieden, der Politik den Rücken zu kehren. Es besteht die Gefahr, dass dieses schlechte Image auch irgendwann zu einer Gefahr für die Demokratie als solcher führt, sei es durch die niedrige Wahlbeteiligung (Frage nach der Legitimation der jeweils gewählten Regierung) als auch durch ggf. die Bildung neuer radikaler Parteien. Dem sollte die etablierte politische Landschaft baldmöglichst Rechnung tragen…